Nach Angaben der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA hat der Mars-Rover Curiosity erstmals organische Moleküle im Marsboden nachgewiesen, die ziemlich eindeutig auch von dort stammen und somit keine irdischen Verunreinigungen sein können.
Die organischen Moleküle fand der Mars-Rover im Gale-Krater, und wies sie dort in einer Bohrprobe des Tongesteins nach. Das Mars Science Laboratory Project der NASA nutzt Curiosity, um die Umweltbedingungen des jungen Mars und ihre Veränderungen zu erforschen. Projekt-Wissenschaftler vermuten, dass der Krater in der Frühzeit des Mars einen See beherbergte und sich an dessen Grund die Tongesteine ablagerten. Sie enthalten zu 20 Prozent sogenannte Smektite. Auf der Erde bieten diese speziellen Tonminerale optimale Bedingungen für die Anreicherung und den Schutz organischer Moleküle.
Selbstportrait des Mars-Rovers Curiosity aufgenommen mit seiner Arm-Kamera am 3. Feb. 2013, zusammengesetzt aus Dutzenden einzelner Bilder, zusätzlich drei Bilder vom 10. Mai 2013, um Bildteile des Bodens zu aktualisieren. Der Kamera-Arm selbst ist nicht sichtbar. Foto: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Bisher gibt es keinen Beweis, dass Leben im Gale-Krater existierte. Aber die Entdeckung deutet an, dass die ehemalige Umwelt dort wahrscheinlich organische Moleküle und damit die Bausteine für Leben bot. Frühere Untersuchungen der gleichen Tonminerale durch Curiosity ergaben bereits, dass der Gale-Krater für die Entwicklung des Lebens anscheinend auch Wasser und chemische Energiequellen zur Verfügung stellte.
Organische Moleküle sind die Bausteine des Lebens, so wie wir es auf der Erde kennen. Sie sind aus vielen verschiedenen chemischen Elementen zusammengesetzt, hauptsächlich aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Organische Moleküle entstehen allerdings auch bei chemischen Reaktionen, die ohne Lebewesen auskommen, etwa durch Mineralien an heißen Quellen. Ebenso können sie von Asteroiden, Kometen und interplanetarem Staub stammen. Ob das organische Material in der Marsoberfläche von ehemaligen Marslebewesen stammt oder unabhängig von Leben entstand, kann nicht unterschieden werden.
Dennoch: „Wir denken, dass das irdische Leben vor etwa 3,8 Milliarden begann, und unsere Untersuchungen zeigen, das manche Orte auf dem Mars zu dieser Zeit die gleichen Bedingungen boten – flüssiges Wasser, eine warme Umwelt und organisches Material“, sagte Caroline Freissinet vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt, Maryland. „Wenn sich Leben unter diesen Bedingungen auf der Erde entwickelte, warum nicht auch auf dem Mars?“ Freissinet ist Erstautorin des wissenschaftlichen Artikels über diese Forschungsarbeit, der im Fachjournal “Journal of Geophysical Research: Planets” veröffentlicht werden soll.
Was wurde gefunden?
Mars-Gesteinsprobe im SAM-Massenspektrometer. Oben: Messdaten organischer Chlor-Verbindungen des Mars-Rovers Curiosity, Zielstein „Cumberland“ im Gale-Krater. Unten: Kontrollmessung ohne Gesteinsprobe. Unterschiede zeigen chemische Verbindungen an, die aus der Probe stammen und nicht aus der Messkammer. Bsp.: 6: Dichlorpropan, 8: Chlorbenzol. Grafik: NASA/JPL-Caltech
Die organischen Moleküle, die in den Tonmineralen des Gale-Kraters gefunden wurden, sind mehrere organische Chlorverbindungen, beispielsweise Chlorbenzol (C6H5Cl), Dichlorethan (C2H4Cl2), Dichlorpropan (C3H6Cl2) und Dichlorbutan (C4H8Cl2). Es ist zwar möglich, dass diese organischen Verbindungen in eben dieser Form im Tongestein vorhanden waren. Das Forscherteam, dass die Messergebnisse des Mars-Rovers analysierte, hält einen anderen Ursprung der Moleküle für wahrscheinlicher. Demnach wären andere organische Moleküle im Marsboden vorhanden gewesen, und die organischen Chlorverbindungen hätten sich beim Erhitzen im Analysegerät des Mars-Rovers gebildet. Das Chlor würde dann aus anorganischen Perchloraten stammen, die sich mit den vorhandenen organischen Molekülen verbunden hätten. Perchlorate sind die Salze der Perchlorsäure (HClO4) und im Marsboden weit verbreitet.
Schon 1976 registrierte das Massenspektrometer des Viking-Landers Chlor-Kohlenwasserstoff-Verbindungen, nachdem es Proben des Marsbodens in der Analysekammer erhitzt hatte. Allerdings konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Proben durch das Messgerät selbst verunreinigt wurden.
Durch Kontrollmessungen durch das Messinstrument des Mars-Rovers Curiosity schließen solche Verunreinigungen im aktuellen Fall aus: In der leeren Messkammer ohne Bodenprobe wurden nur unbedeutende Konzentrationen der Chlor-Kohlenwasserstoff-Verbindungen registriert Das Wissenschaftlerteam ist daher zuversichtlich, dass die organischen Moleküle tatsächlich aus dem Marsboden stammen.
Steiniger Weg zu harten Daten
[SAM – Sample Analysis at Mars. Mehrere kombinierte Messsysteme ergeben das bordeigene Labor des Mars-Rovers Curiosity. Sie sollen mittels Boden- und Atmosphärenproben feststellen, inwieweit der Mars als Lebensraum geeignet war und ist. TLS: abstimmbares Laser-Spektrometer; QMS: Quadrupol-Massenspektrometer; GC: Gaschromatograph. Foto: NASA]
SAM – Sample Analysis at Mars. Mehrere kombinierte Messsysteme ergeben das bordeigene Labor des Mars-Rovers Curiosity. Sie sollen mittels Boden- und Atmosphärenproben feststellen, inwieweit der Mars als Lebensraum geeignet war und ist. TLS: abstimmbares Laser-Spektrometer; QMS: Quadrupol-Massenspektrometer; GC: Gaschromatograph. Foto: NASA
Für die Analyse der Bodenproben bohrte Curiosity in das Tongestein und filterte Bohrstaub durch ein Sieb. Eine Portion der Gesteinsprobe wurde schließlich im bordeigenen Labor des Mars-Rovers untersucht. Dazu wurde die Probe auf etwa 875 °C erhitzt. Die dabei verdampfenden Substanzen identifizierte der Gaschromatograph anhand der Zeit, die sie zum Durchwandern einer engen Röhre benötigten. Das Quadrupol-Massenspektrometer identifizierte sie schließlich mithilfe elektrischer Felder anhand ihrer Molekülmassen.
Curiositys Labor wies erstmals im May 2013 Chlorbenzol und andere Chlor-Kohlenwasserstoffe in den Ausgasungen der Cumberland-Gesteinsproben nach. Das Wissenschaftlerteam analysierte im Laufe eines Jahres die Messergebnisse. Dazu machten sie auch im irdischen Labor ähnliche Messungen, um sicherzustellen, dass die organischen Chlorverbindungen in dieser Menge nicht von Curiositys Labor selbst erzeugt werden können.
Siehe auch:
Woher stammt das organische Material auf dem Mars?
Lebenszeichen vom Roten Planeten? Was Bodenproben und Marsmeteoriten verraten
„Die Suche nach organischen Verbindungen auf dem Mars war für das Team eine extreme Herausforderung“, sagte Daniel Glavin, der als NASA-Wissenschaftler an der Untersuchung mitwirkte. „Zunächst mussten wir Umgebungen im Gale-Krater identifizieren, in denen sich organische Verbindungen hätten anreichern können. Dann mussten sie die Umwandlung der Ablagerungen in Gestein überleben, wobei Porenflüssigkeiten und gelöste Substanzen die organischen Verbindungen hätten oxidieren und zerstören können. Organische Verbindungen hätten danach zerstört werden können, wenn sie an der Marsoberfläche der intensiven ionisierenden Strahlung und Oxidantien ausgesetzt worden wären. Schließlich mussten wir, um irgendwelche überlebenden organischen Verbindungen zu identifizieren, Chloroxide und andere starke Oxidantien in der Probe berücksichtigen, die beim Erhitzen durch SAM […] organische Verbindungen zu Kohlendioxid und Chlor-Kohlenwasserstoffen verbrennen“.
Zum Erkundungsplan des Mars-Rovers gehört als wichtiges strategisches Ziel, Gestein zu untersuchen, das verschiedene Bedingungen zur Erhaltung organischer Verbindungen erfüllt. „Nur durch Bohren zusätzlicher Gesteinsproben in unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen geologischen Vergangenheiten konnten wir dieses Ergebnis erzielen“, sagte John Grotzinger vom Caltech und Wissenschaftler des Mars Science Laboratory Project. „Als wir erstmals Anzeichen für organische Moleküle in der Cumberland-Probe sahen, war es unsicher, ob sie tatsächlich vom Mars kommen. Doch zusätzliche Bohrungen haben nicht die gleichen Verbindungen hervorgebracht, wie es bei Verunreinigungen zu erwarten wäre. Das zeigt, dass der Kohlenstoff in den entdeckten organischen Molekülen sehr wahrscheinlich vom Mars stammt“.
Links
Curiosity – Mars Science Laboratory
http://www.nasa.gov/mission_pages/msl/
Sample Analysis at Mars (SAM)
http://ssed.gsfc.nasa.gov/sam/samiam.html